Zum Beispiel: Andryy – EP «Geisterfahrer» (2023)
Egal, ob man Andryy als Popmusiker, Gitarrist oder Mundartkünstler bezeichnen will – der 1993 geborene Winterthurer ist vor allem eines: Gefühlsmensch. Mit seinem Sound oder in seinen Texten, im Homestudio oder auf nationalen Bühnen: Andryy ist auf der ständigen Suche nach Emotionen, die er selber erleben oder bei anderen auslösen will. Und seine neue EP «Geisterfahrer» zeigt: In letzter Zeit gab es für Andryy ganz schön viel zu fühlen.
Auf der sieben Song starken EP dokumentiert er den Zeitgeist, doch seine Themen sind zeitlos: In «Geisterfahrer» geht’s um die Suche nach dem ganz Grossen, das schliesslich im ganz Kleinen gefunden wird. «Rückspiegel» ist der tröstende Blick auf die eigene Kindheit. Andryy löscht mit sehnsüchtiger Kopfstimme eine lodernde Liebe aus, weil sie nicht sein soll («Füür»), und liegt nachts schlaflos wach, weil die Welt im Inneren plötzlich tobt, wenn sie draussen endlich still steht («Schlaf ih»). In «Ohni Dich» verliert alles an Bedeutung, weil das sinngebende Gegenüber plötzlich fehlt. Mit «Kafitasse» kritisiert er, angetrieben von spitzen Riffs, die Selbstaufopferung, die gibt, bis nichts mehr übrig ist. Und mit «Säg mer» trifft er den Nagel der Gegenwart auf den Kopf: «Ich hett ja s’Privileg zum öppis underneh, aber gspüür no z’wenig Drang / Ich warte uf es Zeiche, debi han ich’s doch scho lang».
Andryys Songs sind voller Metaphern, zeichnen Bilder, stapeln Layers – und sind damit genauso vielschichtig, wie das Leben eben ist. Eins haben sie dabei alle gemeinsam: Sie sind eingängig komponiert und eigenwillig produziert. In Winterthur mit seinem Freund und Produzenten BNJI aufgenommen, dient jedes Element in allen Songs dem höchsten Ziel: Zeitgemässer Schweizer Pop mit Haltung– catchy, klug und auf den Punkt.
Mit diesem tiefgründigen Update des Genres hat sich Andrì Jucken in den letzten Jahren schweizweit einen Namen gemacht. Nach einem Popmusik-Studium und diversen Bandprojekten reduziert er sich 2020 als Andryy aufs Maximum: sich selbst. Seither sammelt er fleissig Radio-Airplay, erobert die Titelseiten von Printmedien, zieht das nationale Fernsehpublikum in seinen Bann und stürmt die Festivalbühnen des Landes: Gampel, Stars in Town und OASG gehören zu seiner Geschichte, 2023 steht er unter anderem am Gurten Festival oder am Festival Lumnezia auf dem Programm.
Diesen Rausch krönt 2023 die dritte EP «Geisterfahrer», die für Andryy auch Zukunftslabor ist: Er hat neue Ideen ausprobiert, Songs auch mal live eingespielt, musikalisch einiges gewagt und herausgefunden, wo sein Herz am stärksten schlägt. Wo das ist, wird man in Zukunft hören – und vor allem fühlen.